Von Irini Paul (Text) & Harald Sippel (Fotos)

PRETZFELD — Am Anfang, da hat er „ganz schön gebibbert“, wie er sagt. Ob sie wohl kommen würden, ob sie sein Bier mögen würden, ob er mit seiner Schnapsidee, am Ende nicht doch auf dem Bauch landet.

Mit seinem Traum vom eigenen Sudkessel, von der Wirtschaft und einem großen Biergarten gleich hinterm Haus. „Ich wollte einfach immer mein eigenes Bier brauen“, sagt Mike Schmitt. Das sei alles.
Eine schöne Idee – auch wenn sich Mike Schmitt für seinen Lebenstraum eine Gegend ausgesucht hat, die berühmt ist für ihre lebendige Brautradition.

Rund 200 Brauereien gibt es in der Fränkischen Schweiz – die allesamt köstlichsten Gerstensaft herstellen. Eine harte Konkurrenz, wenn man bedenkt, dass nur ein paar Kilometer weiter gleich zwei Brauereien in Hetzelsdorf und in Unterzaunsbach (Kreis Forchheim) weit über die Grenzen der Fränkischen Schweiz hinweg für ihr gutes Bier bekannt sind.

Der Traum vom eigenen Bier. Mike Schmitt hat dafür alle Hände voll zu tun. Etwa beim Abschöpfen der Kräusen des Schaums, der bei der offenen Gärung entsteht.

Dennoch hat der 30-Jährige eine Nische entdeckt. Denn mit ihm ersteht erstmals seit Jahrhunderten in Pretzfeld selbst die Tradition wieder auf, Bier zu brauen. Schuld an der braufreien Zone war der über 400 Jahre währende so genannte „Bierkrieg“, mit dem die Ebermannstädter gegen die Pretzfelder vorgingen. Und das alles nur wegen des Dekrets von 1510 durch Kaiser Maximilian, nach dem gegen alle vorzugehen sei, die im Umkreis unbefugt Bier ausschänkten. Etwa vier Jahre mussten Mike Schmitt und seine Frau Alexandra suchen, bis sie ihr Objekt gefunden hatten. Das Angebot, eine kleine Brauerei in Hirschaid zu übernehmen, zerschlug sich kurz vor Vertragsabschluss. Eine andere Brauerei wäre in Baden-Württemberg gewesen. „Das Objekt wäre wie ein Sechser im Lotto gewesen. Aber wir hätten weg gemusst“, sagt Mike Schmitt. Und das kam nicht in Frage. Denn die Schmitts sind alteingesessen in der Region und leben schon seit Generationen dort, wo die Trubach in die Wiesent mündet. Alexandra Schmitts Urgroßvater war als „Nikl Korl“ ein bekannter Mundartdichter in der Region, die Schmitts gehören zum Vereinsleben des Dorfes, Familie und Freunde leben hier. Da kam der alte Kuhstall an der Egloffsteiner Straße gerade recht, den Schmitts Schwiegermutter schließlich anbot. Seitdem hat die Familie ein Jahr lang Wände verputzt, Böden verlegt, Holzbalken abgeschliffen und ein kleines Gasthaus geschaffen, dessen Herzstück man gleich sieht, sobald man den hellen Gastraum betritt. Hinter Glas erstrahlen im „Sudhaus“ die mächtigen Kessel aus Edelstahl, damit auch der Letzte merkt, dass der Gerstensaft hier gleich nebenan gebraut wird. In nagelneuen Kesseln, für die der junge Braumeister mit 80000 Euro in Vorkasse treten musste. Ohne zu wissen, wie sein Produkt ankommen würde.

Zwei verschiedene Sorten stellt er her: helles Lagerbier und dunkles Kellerbier. Zu besondern Anlässen gibt es auch Festbier aus der „Nikl-Bräu“, wie die Schmitts ihre Brauerei in Erinnerung an den Urgroßvater genannt haben. Immer unfiltriert. So, wie es auch die Bauern einst machten. Eine schwierige Aufgabe. „Man muss schon ständig aufpassen, dass nichts in den Bottich kommt“, betont Mike Schmitt. Aber er hätte einfach ein klassisches Bier brauen wollen. 2000 Liter schafft er davon pro Woche – und füllt es selbst ab. Nur die Halbliter-Flaschen lässt er abfüllen. Gelernt hat er das Brauen in den vergangenen 13 Jahren. Nach seiner Lehrzeit sah er einige Brauereien. Bei den Schmitts geht nichts ohne die Familie. Während Mike Schmitt braut oder am Ausschank steht, bereitet Ehefrau Alexandra gemeinsam mit Mutter und Schwiegermutter gute fränkische Kost: Brotzeiten, Schnitzel und Bratwürste sowie immer ein Tagesgericht zu. Am Sonntag kommt zudem auch Braten auf den Tisch. Das selbstgebackene Brot gehört bei den Schmitts stets dazu.

„Bislang werden wir gut angenommen“, sagt Mike Schmitt und untertreibt damit sympathisch bescheiden. Am Eröffnungs-
wochenende Anfang Oktober 2008 war das ganze Dorf auf den Beinen. Am „Tag der offenen Brennereien“ mussten die Schmitts sogar Gäste aus Platzmangel wegschicken, was den frischgebackenem Wirt noch immer unangenehm ist. Denn eigentlich freue er sich ja: „Nur kamen wir da einfach nicht mehr hinterher.“ Ausruhen will er sich auf den ersten Erfolgen natürlich nicht. Im Gegenteil. Im ersten Stock des ehemaligen Kuhstalls herrscht noch immer Stall-Stimmung. Irgendwann soll hier ein Festsaal für Gesellschaften entstehen. Im diesem Jahr steht aber erst einmal der neue Biergarten an. 2000 Quadratmeter Grund müssen die Schmitts dafür „beackern“, damit auch dieser Traum wahr werden kann. Gleich hinter dem Haus, gleich hinter dem strahlenden Sudkessel.

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